In den vergangenen Jahren hat sich ein neues Phänomen an unserem Himmel gezeigt, welches zuvor so noch nie beobachtet wurde.
Durch gigantische Feuer in den borealen Nadelwäldern in Kanada und Sibirien wird Rauch zum Teil bis in die Stratosphäre, also in Höhen von über ca. 12 Kilometer befördert.
Dort kann er für lange Zeit verweilen und um den gesamten Globus zirkulieren. Dies war bisher in dieser Größenordnung nur von gößeren Vulkaneruptionen bekannt.
Im August 2017 konnten in Europa so erstmals großflächig beeindruckende Erscheinungen durch Rauchwolken von Waldbränden in Nordamerika beobachtet werden (siehe auch hier und hier).
Stratosphärischer Waldbrandrauch in ca. 17-20 Kilometern Höhe (laut Calipso-Daten) am 03. September 2017 über Kiel
Die verursachenden Waldbrände sind mit solchen wie sie bei uns auftreten kaum zu vergleichen, denn sie sind zum Teil so groß wie oder sogar größer als Millionenstädte. Einige Feuer brannten auf einer Fläche größer als Berlin oder das Saarland. Auch in den Folgejahren sind solche gigantischen Feuer immer wieder aufgetreten, sodass längst nicht mehr von einem Ausreißer gesprochen werden kann. Vielmehr sind diese Feuer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Resultat der sich beschleunigenden globalen Erwärmung, vor allem auch der Ozeane. Denn insbesondere durch marine Hitzewellen in Nordostpazifik entstehen immer wieder schwere Dürrephasen, welche die Wälder in Nordamerika austrocknen lassen. Die entstehenden Feuer sind dabei laut CWFIS (Canadian Wildland Fire Information Service) etwa zur Hälfte von Menschen ausgelöst, zur anderen von Gewittern - also auch ein meteorologisches Phänomen.
Im Jahr 2023 erreichte die verbrannte Fläche in Kanada nach Daten des CWFIS einen neuen Rekord, der den alten aus dem Jahr 1989 um mehr als 100% übertraf.
Es verbrannte eine Fläche von ca. 184.000 km², mehr als halb so groß wie Deutschland (!) und mehr als doppelt so groß wie je zuvor.
Die Fläche ist allerdings nur ein Indikator für die Stärke der Brände von mehreren, denn es macht einen Unterschied, ob nur das Unterholz brennt oder der gesamte Wald (auch als sog. Kronenfeuer bezeichnet). Immer häufiger brennt durch die zunehmende Austrocknung von Böden durch Hitze und Dürren und damit auch der Bäume der gesamte Wald nieder und erhöht so deutlich die Temperatur und Intensität der Feuer. So entsteht in den Rauchwolken (bei einer erheblichen vertikalen Ausdehnung auch Pyrocumulonimbus genannt) deutlich mehr Auftrieb und sie können zum Teil direkt bis in die untere Stratosphäre eindringen. Das offenbar exponentiell zunehmende Auftreten stratosphärischer Waldbrandaerosole ist daher wohl Ausdruck einer stark zunehmenden Intensität der durchaus natürlich auftretenden Feuer, höchstwahrscheinlich durch die globale Erwärmung.
Aus klimatologischer Sicht dürfte diese Entwicklung Ausdruck der sich verschiebenden Klimazonen sein. Denn wird es wärmer, erhöht sich allgemein die Verdunstung (eine exponentielle Beziehung!), das Wasserdargebot verringert sich - und verstärkende Phänomene wie regionale marine Hitzewellen, die auf dem Kontinent zu Dürre führen können, kommen noch obendrauf.
Zum ersten Mal konnte ich diese Wolken am 05. August 2017 beobachten, wusste zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht, worum es sich genau handelte.
Wie polare Stratosphärenwolken anmutende Schleier am Himmel am 05. August 2017 am Nordstrandischmoordamm, die etwas später deutliche Dämmerungsstrahlen verursachten.
Am 22. August 2017 ereignete sich dann ein beeindruckendes Abendrot am Himmel über Norddeutschland, verursacht durch Waldbrandrauch aus Kanada in ca. 15 Kilometern Höhe:
In den nachfolgenden zwei Wochen waren ähnliche Erscheinungen immer wieder in ganz Europa zu beobachten.
Mitte Oktober 2017 gab es in Portugal verheerende Waldbrände, die tausende Quadratkilometer Fläche verbrannten. Der Rauch aus diesen Feuern wurde durch den sehr weit östlich über den Atlantik und Großbritannien ziehenden (Ex-)Hurrikan Ophelia bis nach Nordeuropa verfrachtet, wodurch der Himmel einen starken, teils rötlichen bis gelblichen Grauschleier bekam und die Sonne selbst hoch am Himmel glutrot erschien.
Weitere Bilder vom 17.10.2017 von Himmelserscheinungen durch den Waldbrandrauch aus Portugal:
2018
Im sehr trockenen Sommer 2018 gab es kaum eindeutige Rauchschlieren am Himmel über Mitteleuropa zu sehen, mutmaßlich, da sich der Brandschwerpunkt auf Sibirien konzentrierte, von wo aus der Rauch meist einen deutlich längeren Weg bis zu uns hat. Dennoch traten in Norddeutschland bei häufig wolkenfreiem Himmel beeindruckende Purpurlichter auf, bei denen ein Zusammenhang mit Waldbrandrauch durchaus naheliegend ist.
Großflächige Waldbrände am 03. Juli 2018 in Sibirien, Aufnahmen: NASA Worldview / Terra MODIS
Aufnahmen aus dem Sommer 2018 aus Kiel:
2019
Im Sommer 2019 traten erneut sehr viele und teils beeindruckende ähnliche Erscheinungen mit sichtbaren Rauchschlieren am Himmel über Norddeutschland auf. An mindestens einem Tag gelangte aus nördlichen Richtungen troposphärischer Waldbrandrauch aus Sibirien bis nach Norddeutschland und verursachte in Kiel einen sehr dunstigen Himmel bei Sonnenaufgang (s.u.).
2020
Im Jahr 2020 konzentrierte sich ein Schwerpunkt auf die westlichen USA, wo es im September die verheerendsten Waldbrände in der Geschichte der USA gab und fast die gesamte Westküste unter Rauchschwaden verschwand (siehe auch hier).
Auch dieser Rauch wurde bis in die Stratosphäre getragen und schließlich auch nach Mitteleuropa geweht.
Aber auch in Sibirien gab es erneut verheerende Waldbrände, zum großen Teil sogar nördlich des Polarkreises und bis unmittelbar an den arktischen Ozean:
Ausschnitt:
Waldbrandrauch über Sibirien am 23. Juli 2020, Übersichtsaufnahme: NASA Worldview / Terra MODIS:
Weitere Beispiele aus den Folgejahren 2020, 2021, 2022 und 2023, wie stratosphärischer Waldbrandrauch in Mitteleuropa aussehen kann:
Waldbrandrauchschlieren am 30. September 2023 über Kiel
Waldbrandrauch aus Nordamerika in der Troposphäre verursachte am 29. August 2023 lange vor Sonnenuntergang eine glutrote Sonne: